Hier ist der Bürgerantrag:

Die Stadt Greven soll einen im Luftverkehrsrecht fachkundigen Rechtsanwalt mit der Erstellung eines Rechtgutachtens zur Frage beauftragen. Es soll geklärt werden, ob und wie und in welchem Umfang gegenüber dem Verkehrsministerium eine Verschärfung der ab dem 1.11.2002 geltenden neuen Nachtflugregelung am FMO gerichtlich durchgesetzt werden kann.

 

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BÜRGERINITIATIVE

gegen den Ausbau des Flughafens Münster/Osnabrück eV.

Antoniusstraße 27 * 48268 Greven; *+FAX 02571-996747 Sprecher: H. J. Leuschner

 

Datum: 12.12.2002

 

Herrn

Bürgermeister Egon Koling

Rathausstraße

48268 Greven

 

Sehr geehrter Herr Koling!

Wir, d.h. Hans Joachim Leuschner und Ludger Schulze Temming, wenden uns an Sie, und zwar sowohl als Bürger Grevens, die selbst von den jetzigen und den zukünftig drohenden negativen Auswirkungen des FMO betroffen sind, als auch im Namen der Bürgerinitiative (BI) gegen den Ausbau des FMO e.V., Greven.

Wir stellen hiermit für die nächste Ratssitzung, am 18.12.2002, folgenden Bürgerantrag:

Der Rat der Stadt Greven möge beschließen: Die Stadt Greven beauftragt einen im Luftverkehrsrecht fachkundigen Rechtsanwalt mit der Erstellung eines schriftlichen Rechtgutachtens zur Frage, ob und wie und in welchem Umfang gegenüber dem Verkehrsministerium eine Verschärfung der ab dem 1.11.2002 geltenden neuen Nachtflugregelung am FMO gerichtlich durchgesetzt werden kann.

Begründung: Das Verkehrsministerium hat mit der neuen Nachtflugregelung einseitig die wirtschaftlichen Interessen der FMO-GmbH berücksichtigt. Nach dieser Betriebsregelung können in den nächsten fünf Jahren alle Flugzeuge fliegen, die die Anforderungen der Bonusliste des Bundesverkehrsministeriums für die Kapitel 3-Flugzeuge erfüllen. Damit ist praktisch am FMO ein uneingeschränkter Nachtflugverkehr zulässig, weil alle derzeit am FMO im Einsatz befindlichen Flugzeugtypen bis auf ganz wenige Ausnahmen die Anforderungen der sog. Bonusliste der Kapitel 3-Flugzeuge erfüllen. Dies geht auf Kosten der Schlafruhe der vom Fluglärm betroffenen Bevölkerung. Das betrifft nicht nur den Bereich im Norden von Ladbergen sondern unter Berücksichtigung der richtigen Grenzwerte das ganze Gebiet von Ladbergen und sehr großer Teile von Greven.

Für die Bürgerinnen und Bürger von Greven ist eine derartige Betriebsregelung nicht hinnehmbar.

Aufgrund des von der BI gegen den Ausbau des FMO e.V., Greven, initiierten Bürgerbegehrens haben im August 1999 innerhalb von 3 Wochen ca. 7.200 Personen in Greven schriftlich die möglichst baldige Einführung eines generellen Nachtflugverbotes am FMO zwischen 22 und 6 Uhr vom Verkehrsministerium gefordert. Dies hat dazu geführt, dass der Rat der Stadt Greven am 01.09.1999 mit großer Mehrheit (bei 1 Gegenstimme und 3 Enthaltungen) unter Aufhebung seines gegenteiligen Ratsbeschlusses vom 09.06.1999 einen dem Bürgerbegehren entsprechenden Ratsbeschluss gefasst hat. Sie haben als Bürgermeister der Stadt Greven den Ratsbeschluss im September 1999 dem Landesverkehrsministerium zugesandt.

Dieser Forderung der Bürgerinnen und Bürger und des Rates der Stadt Greven hat das Verkehrsministerium mit der neuen ab 01.11.2002 geltenden Nachtflugregelung nicht entsprochen. Im Gegenteil hat das Verkehrsministerium praktisch wie bisher den uneingeschränkten Nachtflugverkehr am FMO ermöglicht. Dies wird vom Geschäftsführer der FMO-GmbH gleichfalls so gesehen.

Dazu an dieser Stelle nur am Rande: Damit wird jedenfalls für die nächsten fünf Jahre praktisch auch ein unbegrenzter Frachtflugverkehr ermöglicht. Beim Frachtflugverkehr werden nämlich die gleichen Flugzeugtypen eingesetzt, wie sie im Passagierverkehr verwendet werden. Wir weisen in diesem Zusammenhang auf das überarbeitete Bedarfsgutachten von Dr. Allemeyer aus Dezember 2001, in dem dieser darstellt, dass für FMO-GmbH eine gute Chance bestehe, am FMO ein norddeutsches Luftfrachtzentrum einzurichten. Ebenso weisen wir auf das in seinem Ausgangsgutachten aus 1996 von ihm wiedergegebene Interesse der Fa. DHL hin, am FMO neben Brüssel einen zweiten Europa-Hub für Express-Frachtgut einzurichten. Da dann 25 Frachtflugzeuge gleichzeitig be- und entladen werden sollen, würden deswegen allein zusätzlich ca. 50 Nachtflugbewegungen erfolgen.

Uns geht es mit diesem Antrag aber nicht in erster Linie um die rechtliche Überprüfung im Hinblick auf den eventuell in der Zukunft stattfindenden Luftfrachtverkehr, bei dem das Verkehrsministerium selbst nicht davon ausgeht, dass ein solcher Verkehr im genügend konkreten Umfang (gerichtsfest)prognostiziert sei. Wir sind vielmehr der Auffassung, dass das Verkehrsministerium mit seiner Entscheidung bereits der jetzt schon vorhandenen Fluglärmproblematik am FMO nicht gerecht geworden ist.

Die Nachtflugbewegungen am FMO sind in den letzten 12 Jahren um 630% angestiegen. In den 7 verkehrsreichsten Monaten von April - Oktober haben sich die Zahlen von 533 (1990) auf 3.389 (2001) Nachtflugbewegungen erhöht. Der vorhandene und der in den nächsten fünf Jahren zu erwartende Nachtfluglärm stellt eine erhebliche Gefahr für die Gesundheit der vom Fluglärm betroffenen Einwohner Grevens dar. Wir verweisen auf die Vorträge von Prof. Hecht und Dr. Maschke aus Berlin, die diese hier in Greven gehalten haben, und auf deren schriftliche Ausführungen im Bundesgesundheitsblatt 1997 S.3 ff und S. 85 ff sowie Bundesgesundheitsblatt 2001 S. 1001 ff.

In der Zusammenfassung der zuletzt aufgeführten Arbeit ("Nächtliches Erwachen durch Fluglärm - Beginnen Aufwachreaktionen bei Maximalpegeln von 60 Dezibel (A)?", Bundesgesundheitsblatt 2001 S. 1001 ff) kritisieren die o.a. Wissenschaftler die von FMO-Gutachter Prof. Jansen vertretene These, wonach nur eine Anzahl von mehr als sechs Lärmereignissen pro Nacht über 60 dB(A) eine Gefahr für die Gesundheit darstellen würden, wie folgt:

"Die nächtliche Aufweckschwelle von 60 dB(A), die in Deutschland vielfach zur Festlegung von Lärmbelastungsgebieten für den schlafenden Menschen herangezogen wird, ist mit einer fehlerhaften statistischen Datenaufbereitung der 1976 von Griefahn et al. durchgeführten Literaturauswertung belastet. Das ist das Ergebnis einer umfangreichen Revision. Bei einem statistisch korrekten Vorgehen ergibt sich am Ohr des Schläfers ein Maximalpegel von höchstens 48 dB(A) für die Aufweckschwelle und nicht ein Maximalpegel von 60 dB(A), wie in der Arbeit von Griefahn et al errechnet.

Die lineare Dosis-Wirkung-Beziehung, die im Rahmen der Revision aus den alten Arbeiten abgeleitet werden konnte, stimmt gut mit den Ergebnissen neuerer Literaturauswertung überein.

Im vorliegenden Beitrag wird nicht der Frage nachgegangen, ob es präventivmedizinisch sinnvoll ist, ein nächtliches Schutzkriterium allein auf den Beginn von lärmbedingten Aufwachreaktionen abzustellen. In diesem Zusammenhang ist auf das Mediationsverfahren "Ausbau Flughafen Frankfurt/Main" hinzuweisen. Von den anwesenden Experten (Bullinger, Griefahn, Hecht, Kastka, Maschke, Spreng) wurde übereinstimmend ein nächtlicher Maximalpegel von 52 bis 53 dB(A) als Beginn für vegetative Beeinträchtigungen angesehen (Ergebnisprotokoll des Expertenhearings zum Thema "Notwendigkeit von Maßnahmen im Bereich "Ökologie, Gesundheit und Soziales" der Mediationsgruppe Flughafen Frankfurt/Main am 5. Oktober 1999 S. 9).

Nach heutigem Kenntnisstand ist daher als minimales Schutzziel zu fordern, dass regelmäßige nächtliche Maximalpegel von 52 dB(A) am Ohr des Schläfers vermieden bzw. unterschritten werden sollten." (Zitatende)

Dies hat auch für den FMO Auswirkungen. Wenn man diesen Grenzwert von 52 dB(A) als Grenzwert für nächtliche Lautstärke-Maximalpegel zugrundelegt, und wenn man annimmt, dass bei entsprechender Lüftung im Schlafzimmer mittels Spaltöffnung zwischen außen und innen von einer Dämmwirkung von allenfalls 10 dB(A) auszugehen ist und nicht wie Prof. Jansen meint von 15 dB(A), dann dürften nachts nur ausnahmsweise Maximalpegel von 62 dB(A) überschritten werden, und zwar außen gemessen. Prof. Jansen geht demgegenüber außen gemessen von Lautstärke-Maximalpegel von 75 dB(A) (=60 zuzüglich 15 dB(A)) aus. Das bedeutet für uns ganz konkret, dass bei den im Jahr 2002 gemessenen Lautstärke-Maximalpegeln im Norden von Greven und im Süden von Reckenfeld die Grenze zur Gesundheitsbeeinträchtigung überschritten wird.
Denn dort sind weit höhere Lärmmaximalpegel als 62 dB(A) gemessen worden.

So sind in Greven-Nord und Reckenfeld-Süd sowie in Ladbergen im Juli 2002 nachts von 22 bis 6 Uhr folgende Lautstärke-Maximalpegel gemessen worden:

Greven-Nord

Reckenfeld-Süd

Ladbergen

Unter 65 dB(A)

8 (0,3)

74 (2,4)

0

65 &endash; 70 dB(A)

78 (2,6)

269 (8,7)

0

70 &endash; 75 dB(A)

38 (1,3)

122 (3,9)

47 (1,6)

75 &endash; 80 dB(A)

2 (0,1)

12 (0,4)

118 (3,9)

80 &endash; 85 dB(A)

2 (0,1)

20 (0,7)

85 &endash; 90 dB(A)

1 (0,0)

7 (0,2)

90 &endash; 95 dB(A)

2 (0,1)

(in Klammern jeweils der Nachtdurchschnitt)

In Ladbergen sind vermutlich wegen des Autobahnlärms keine Angaben unter 70 dB(A) enthalten.

Zu den bei den Zahlen von Greven-Nord und Reckenfeld-Süd in Klammern angegebenen Durchschnittswerten pro Nacht im Monat Juli 2002, die von der von der FMO-GmbH mit der Messung beauftragten Firma angegeben worden sind, ist auf folgendes hinzuweisen. Für die gesundheitliche Belastung entscheidend können nicht die über den ganzen Monat Juli pro Nacht durchschnittlich ermittelten Zahlen sein. Denn erfahrungsgemäß werden gerade in den Sommermonaten die Durchschnittswerte wegen des geballt auftretenden Urlaubsverkehrs in vielen Nächten sehr deutlich überschritten.

Im übrigen wird in der obergerichtlichen Rechtsprechung auch anerkannt, dass es bei der Frage, ob regelmäßig nächtliche Maximalpegel über den Grenzwerten liegen, nicht gerechtfertigt ist, nur den in jede Richtung vom Flughafen herrührenden jeweils an jeder Seite des Flughafens gemessenen Fluglärm zugrunde zu legen. Weil der Wind häufig auch längere Zeit aus einer Richtung wehen kann, seien die Flugbewegungen zusammen gerechnet jeweils zu 100% an jeder Seite des Flughafens zugrunde zu legen.

Dies hat zur Folge, dass das Verkehrsministerium der FMO-GmbH nicht nur für Ladbergen (was zur Zeit allerdings nur als freiwillige Leistung der FMO-GmbH diskutiert wird) sondern auch für Greven-Stadt und Greven-Reckenfeld die Auflage erteilen müsste, dass die FMO-GmbH den betroffenen Bürgern jedenfalls wirksame passive Schallschutzmaßnahmen an ihren Häusern bezahlen muss (z.B. schallisolierende Dachabdeckung, Schallschutzfenster mit automatischen Entlüftungsanlagen).

Erstes Ziel der gutachterlichen Ausführungen des Rechtsanwaltes sollte aber die Prüfung sein, ob gegenüber dem Verkehrsministerium möglichst weitgehende Maßnahmen des aktiven Schallschutzes durchzusetzen sind (z. B. ein generelles Nachtflugverbot von 22 bis 6 Uhr bzw. ggfls. zumindest ein Nachtflugverbot in der Zeit von 24 bis 6 Uhr).

An vielen Orten in Europa geht man verstärkt dazu über, an internationalen Verkehrsflughäfen möglichst weitgehende Nachtflugverbote einzuführen (vgl. z.B. in Italien). Das Mediationsverfahren betreffend den Frankfurter Flughafen hat ebenfalls mit dem Ergebnis geendet, dass ein generelles Nachtflugverbot am Frankfurter Flughafen eingeführt werden soll. Am Flughafen Zürich ist aufgrund eines Abkommens mit der Bundesrepublik Deutschland am 19.10.2001 ein Nachtflugverbot zwischen 22 und 6 Uhr in Kraft getreten. Dies hat Deutschland zum Schutz der vom dortigen Fluglärm betroffenen Bürger in Süddeutschland durchgesetzt. In Düsseldorf und Dortmund gelten weitgehende generelle Nachtflugverbote.

Sind wir nur Bürger zweiter Klasse?

Nach unsere Auffassung ist eine Verschärfung der neuen Nachtflugregelung am FMO unter Berücksichtigung der neusten Ergebnisse der Lärmwirkungsforschung mit großer Wahrscheinlichkeit durchsetzbar. Das Verkehrsministerium hat sich bei dem Erlass dieser Nachtflugregelung offensichtlich immer noch nach den überholten Grenzwerten des FMO-Gutachters Prof. Jansen gerichtet. Diese Grenzwerte sind wissenschaftlich nicht mehr haltbar. Deshalb hat sich auch in jüngster Vergangenheit der Sachverständigenrat für Umweltfragen der Bundesregierung nicht mehr auf sie berufen. Der interdisziplinäre Ausschuss für Lärmwirkungsforschung beim Bundesumweltamt überprüft derzeit seine Haltung zu den Thesen von Prof. Jansen. Dies sind wichtige Gremien, denen auch das Bundesverwaltungsgericht bei seiner Rechtsprechung in der Vergangenheit große Beachtung geschenkt hat.

Entgegen anders lautenden Informationen in der Fluglärmkommission haben wir aufgrund einer Rücksprache mit Rechtsanwalt Sommer aus Berlin nicht die Hoffnung, dass das Verkehrsministerium von sich aus die jetzt für die nächsten fünf Jahre getroffene Nachtflugregelung zugunsten der Bürger verschärfen wird, wenn das Verkehrsministerium voraussichtlich im nächsten Jahr den Planfeststellungsbeschluss hinsichtlich der Startbahnverlängerung fasst. Bei der hier anstehenden Diskussion muss man die im Oktober vom Ministerium neu erlassene Nachtflugregelung (Betriebsregelung) von einem eventuellen Planfeststellungsbeschluss getrennt sehen! Ob ein die Startbahnverlängerung befürwortender Planfeststellungsbeschluß kommen wird, ist zur Zeit noch völlig offen. Zur Zeit geht es in erster Linie darum, die zu Lasten der Einwohner von Greven gehende neue Nachtflugregelung juristisch mit dem Ziel überprüfen zu lassen, diese deutlich zu verschärfen.

Ein weiteres Untätigbleiben der Stadt Greven ist im Interesse der vom Fluglärm betroffenen Bürgerinnen und Bürger nicht länger hinnehmbar.

 

Mit freundlichen Grüßen